Immer wenn es mir schlecht geht, brauch ich Ablenkung.
Also bin ich heute nach Berlin, Geschenke kaufen, sich allein unter Menschenmengen fühlen.
Aber so ist das manchmal.
Ich bin für 10 Minuten an die East Side Gallery, kurz, aber schön.
Und am Bahnhof habe ich mir die neue Fräulein gekauft, und darin einen bewundernswerten Menschen gefunden. Mark Morrisroe. Klangvoller Name, nicht? Hier seine tragische, zerstörerische Geschichte:
Mark Morrisroe, 1959 geboren, zeitlebens Fotograph, Künstler der Bostoner Punk-Szene.
Mit 16 geht er auf den Strich, während seine Mutter, eine Prostituierte, in der Wohnung sitzt, trinkt, sich für den schwulen Sohn schämt. Der Vater ein berüchtigter Massenmörder, so erzählt Mark jedenfalls. Sein ganzes Leben übertreibt er, schmückt seine Geschichten aus, will berühmt werden. Und scheut dafür keinen Weg.
"Ich, Mark Morrisroe, schwöre, jeden, der meiner künstlerischen Karriere förderlich sein kann, kaltblütig zu benutzen und zu manipulieren. Wie sehr ich jemanden auch verabscheuen mag, ich werde so tun, als würde ich ihn lieben. Ich werde jeden ficken, der mir nützlich sein kann, egal, wie abstoßend ich ihn finde."
Dieses Zitat zeigt die innerlichen Abgründe dieses Mannes. Drag-Queen, Business-Man, verletzlich und nackt, so lichtet er sich ab. Seine Freunde macht er mit seinen Polaroids zu Stars, die nie aufgehen werden. Er schafft sich eine Scheinwelt, fernab von der wirklichen Welt. 1989 stirbt er, AIDS. Sein großes Ziel, berühmt zu sein, hatte er zu Lebzeiten nie verwirklichen können. Erst Jahre nach seinem Tod wurden seine Arbeiten ausgestellt.
Ein Hoch auf diese innerlich zerrissene, geniale Seele.